Der rechte Vorwand

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Erkenntnisse über die Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda im Internet haben eine Debatte über schärfere Gesetze und eine bessere Strafverfolgung entfacht. Der bayerische Innenminister Herrmann (CSU) schlug Internetsperren vor. Die Debatte dürfte Fahrt aufnehmen.

Quelle: WELT ONLINE; Kommentar: Streit um Internetsperren – Rechts zieht

Es scheint als wäre die politische Klasse und ihre Claqueure wild entschlossen ihren verlorenen Anspruch auf die exklusive Verbreitung ihrer Meinung im öffentlichen Raum mit juristischen Mitteln wiederherzustellen. Die Kampagne um die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten entpuppt sich als das, was ihre Gegner von Beginn an vermutet hatten: als Torbrecher für ganz andere Begehrlichkeiten. Hier geht es im Grunde auch nicht gegen „rechts“ oder kleine grüne Männchen, hier geht es um dass, was der Autor dieses Kommentars, Ulrich Clauß, an andrer Stelle monierte: Der Verlust der Deutungshoheit der klassischen Medien.

Einer, der gezeigt hat, dass der klassische Journalismus bald so überflüssig sein kann, wie ein Kropf, war Barack Obama. Folgerichtig gerät der ins Visier des medialen Besitzstandswahrers Clauß:

Er umging mit seiner Informationsstrategie auch systematisch die klassischen Medien, indem er seine Botschaften über Internet-Blogs verbreitete, TV- und Radiosender also zwang, diese wiederum im Nachgang zu zitieren und damit die bislang übliche Kette der Informationsvermittlung zu umgehen. Klassische redaktionelle Verarbeitung und handwerklich regelgerechte Präsentation der Information war so erst möglich, wenn die „Information“ längst verbreitet war. Die Quelle wurde zum Sender selbst, professioneller Journalismus war nur in Gestalt einer Art Theaterkritik der „Blogosphäre“ möglich. Das weltweite Bedürfnis nach Erlösung von der Bush-Administration hat offenbar Barack Obamas Medienstrategien bislang von kritischer Betrachtung verschont. Aber es ist eine sehr bedenkliche asymmetrische Publizistik, die von den Apologeten der digitalen Moderne da beklatscht wird. Die klassischen Medien werden so zu Beobachtern von Informationsvorgängen degradiert, für die sie zuvor gestaltend zuständig – und zur Verantwortung zu ziehen – waren. Mit dem Verlust jeder Filter- und Prüfungsautorität kommen dieser Art der Medienkultur auch alle Korrekturfunktionen abhanden: Dergestalt gesetzte Informationen sind zum Beispiel praktisch nicht mehr dementierbar.
Quelle: Welt-Online; Im Schleppnetz der Freiheit

Mehr muss man nicht gelesen haben, um zu wissen, woher der Wind tatsächlich weht: Hier schreibt einer gegen seinen Bedeutungsverlust und den seines Berufsstandes an.

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2 Antworten to “Der rechte Vorwand”

  1. Don't care Says:

    Jo, jo. Es ist als ob wir Zirkustiere Ohrstöpseln trügen und das Peitschengeknalle unserer Dompteure nicht mehr hören wollten/könnten. Für Machtberauschte ist es bekanntlich unerhört, wenn nicht mehr akkurat nach ihren Pfeifen getanzt wird. Geradeso gerieren sich die Medienmogule und ihre Handlanger. Der Quasireligiöse Status, zu dem das Multi-Schuldi- und Multi-Kulti-Credo der Domteurskaste erhoben wurde, löst bessonder starke Halsaderschwellungen bei selbigen aus angesichts galoppierend sich vermehrender Abtrünnigkeit.

  2. LePenseur Says:

    Chapeau! Ich erlaubte mir einen Link zu setzen …

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